Walter Scheel
Walter Scheel, am 8. Juli 1919 im Bergischen Land geboren, wirkte zwischen 1949 und 1979 auf vielen politischen Ebenen: Von 1974 bis 1979 als Bundespräsident, von 1969 bis 1974 als Außenminister, von 1961 bis 1966 in den Kabinetten von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard als erster Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Scheel war Stadtrat seiner Heimatstadt Solingen, Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen, Mitglied des Deutschen Bundestags sowie der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl – dem Vorläufer des Europäischen Parlaments.
Als einziger Abgeordneter der FDP-Bundestagsfraktion stimmte er 1957 den „Römischen Verträgen“ zu – der Geburtsurkunde der heutigen Europäischen Union. Durch eine programmatische Öffnung und Modernisierung der FDP unter seiner Führung als Parteivorsitzender ab 1968 – und die Unterstützung Gustav Heinemanns bei dessen Wahl zum Bundespräsidenten – stellte Scheel die Weichen für die erste sozial-liberale Koalition der Bundesrepublik und die Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler.
Als Außenminister und Vizekanzler prägte Walter Scheel die Neuorientierung der deutschen Außenpolitik insbesondere in der Ost- und Friedenspolitik mit und besuchte 1971 als erster deutscher Außenminister Israel. In seine Amtszeit fielen die Aufnahme der Bundesrepublik in die UNO sowie die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Volksrepublik China. Größte Popularität brachte Scheel ein Fernseh-Auftritt im Jahr 1973, bei dem er im Rahmen der „Aktion Sorgenkind“ das Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“ sang – und die entsprechende Schallplatte anschließend innerhalb weniger Wochen über 300.000-mal für den guten Zweck verkauft wurde.
Aus seiner Zeit als Bundespräsident bleiben bedeutende Reden, beispielhaft seine Worte anlässlich des Trauerstaatsakts für Hanns Martin Schleyer im Jahr 1977 oder zum 30. Jahrestag des Kriegsendes, in dem er als erstes deutsches Staatsoberhaupt vom 8. Mai 1945 als einem Tag der „Befreiung“ sprach.
Zum Ende seiner Amtszeit lehnte Scheel den Wunsch ab, erneut für das Bundespräsidentenamt zu kandidieren. Als in eigenen Worten „freier Mitarbeiter der Bundesrepublik“ blieb er noch jahrzehntelang gesellschaftlich aktiv, wurde mit vielfältigen Ehrungen bedacht und engagierte sich in zahlreichen Ehrenämtern, unter anderem als Ehrenvorsitzender der FDP sowie als Vorsitzender des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Am 24. August 2016 starb Walter Scheel in seiner südbadischen Wahlheimat.